Sabines Blog
Erwartungsmanagement
In meiner Tätigkeit – insbesondere, wenn ich als Krisenkommunikatorin unterwegs bin – höre ich oft Sätze wie diesen: «Wenn Frau Bosshardt in die Tasten haut, kommt es schon gut!»
So sehr mich solche Komplimente auch freuen, in solchen Momenten wird es jeweils Zeit, etwas Erwartungsmanagement zu betreiben. Denn auch der erfahrenste Kommunikationsprofi kann eine Krise nicht einfach mit gelungenen Formulierungen ausradieren und den Kunden vor weiteren Problemen und negativen Schlagzeilen bewahren. Dass man Krisen nicht schönreden kann, ist mittlerweile hoffentlich Allgemeingut. Der Beizug eines externen Krisenkommunikators – und zwar so früh wie möglich, sobald sich eine Situation abzeichnet, die auch aus Sicht der Kommunikation heikel ist – macht aus ganz anderen Gründen Sinn:
Einordung: Sie erhalten eine unabhängige Sicht von aussen. Manchmal bleibt auch noch Zeit genug, eine gröbere Krise abzuwenden. Ich habe es schon mehrmals erlebt, dass ich, nachdem mir der Kunde seine Situation erklärte, vom Modus Krisenmanagerin in den Modus Unternehmensberaterin gewechselt habe. Durch eine klare Analyse der Situation ist es uns dann beispielsweise gelungen, mit neuen Verhandlungsoptionen Standorte zu erhalten oder folgenschwere Vertragsauflösungen zu verhindern.
Erfahrung: Krisen gehören nicht zum Tagesgeschäft. Sie sind Ausnahmeerscheinungen, zu deren Bewältigung den Verantwortlichen oftmals die Erfahrung fehlt. Eine Massenentlassung oder einen schwerwiegenden Produktefehler etwa kommuniziert man zum Glück nicht alle Tage. Ein erfahrener Krisenberater hat solche Situationen jedoch schon viele Male begleitet und weiss, was zu tun ist.
Handwerk: Welche Abläufe müssen berücksichtig werden? Wer muss welche Informationen zu welchem Zeitpunkt erhalten? Welche Inhalte muss eine Medieninformation beinhalten, damit Sie am Tag X. nicht unzählige überflüssige Nachfragen erhalten? Und wie «funktionieren» eigentlich die Medien? Oftmals fehlt es intern in der Krise am nötigen Rüstzeug. Oder aber Personen, die Bescheid wüssten, sind sogar selber betroffen, und können nicht eingebunden werden, beispielsweise wenn ein grösserer Personalabbau bevorsteht.
Deeskalation: Oftmals beginnt Krisenkommunikation schon mit den Formulierungen. Ein Beispiel dazu: Muss wirklich von einer «Sanierung» gesprochen werden? Oder ist es vielmehr eine konstruktivere «Restrukturierung»? Verstehen Sie mich richtig, es geht nicht darum, etwas schön zu reden, sondern geeignete und vor allem auch verständliche Formulierungen zu finden. Bitte vermeiden Sie auch jegliches «Juristendeutsch». Selbstverständlich ist es in heiklen Situationen zwingend nötig, juristischen Beistand zu haben, der auch die wesentlichen Texte auf ihre rechtliche Konformität hin überprüft. Aber das Endresultat sollte dann so redigiert werden, damit es Ihre Zielgruppen resp. die breite Öffentlichkeit auch versteht.
Wiederaufbau: Je nach Auslöser der Krise ist die Reputation Ihres Unternehmens – und allenfalls auch diejenige von Ihnen als Führungskraft – mehr oder weniger beschädigt. Der Schaden ist innert weniger Tage oder gar Stunden angerichtet. Der Wiederaufbau dauert erfahrungsgemäss deutlich länger. Nach der Krise sind also eine Standortbestimmung und ein Kommunikationskonzept für den Wiederaufbau der Reputation angesagt.
Und nicht zuletzt tut es in solchen Momenten auch einfach gut, nicht allein zu sein, wenn der (Medien-)Sturm über einen hereinbricht…
Alles Gute – bleiben Sie realistisch!
Sabine Bosshardt