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Kommunikation, bevor es zur Krise kommt.

Kommunikation, bevor es zur Krise kommt.
Sabine Bosshardt

Krisen haben andere, selbst hat man die Lage im Griff – das ist eine oft gefährliche Illusion. Es ist sicherer für alle Fälle zu wissen, was zu tun ist, damit aus einer heiklen Situation keine Kommunikationskrise mit Reputationsschaden wird. Dabei ist der Verwaltungsrat besonders gefordert, denn «Zieht ein Sturm auf, muss der Kapitän auf die Brücke» – Sofort.

Ein falscher Schritt kann darüber entscheiden, ob ein Thema medial eskaliert oder eben nicht.

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In der heutigen Zeit der Online- und Social Media können Ereignisse in Echtzeit verfolgt werden. Sobald irgendein Medium eine Sache publik macht, bleibt keine Zeit mehr für die Vorbereitung der Kommunikation dazu. Das gilt auch für selbstgesteuerte Kommunikation: Kaum ist das Communiqué über den geplanten Stellenabbau verschickt, rufen die ersten Journalistinnen an.

Es ist daher entscheidend, die Informationshoheit zu bewahren. Als Unternehmen gilt es, die Kommunikation wenn immer möglich selbst zu steuern. Das bedeutet auch zu entscheiden, wann eine aktive Kommunikation Sinn macht und wann es – zumindest vorläufig – ausreichend ist, passiv, also nur auf Anfrage zu kommunizieren. Auf jeden Fall muss man aber für die nächsten Eskalationsschritte inhaltlich und organisatorisch vorbereitet sein. Den Dialog mit den Medien sollte man laufend pflegen und auch bei kritischen Entwicklungen ansprechbar bleiben. Denn wenn Journalisten keine offizielle Quelle erreichen, suchen sie sich inoffizielle Auskunftspersonen und Spekulationen und Falschaussagen sind die Folge.

 

Eskalation vermeiden

In heiklen Situationen ist jeder kommunikative Zug eine taktische Überlegung, welcher Erfahrung erfordert und das Wissen, wie Medien funktionieren. Ein falscher Schritt kann darüber entscheiden, ob ein Thema medial eskaliert oder eben nicht. Sofern Unternehmen über keine internen Fachkräfte mit Krisenerfahrung verfügen, empfiehlt sich in solchen Situationen der Beizug einer externen Fachperson. Diese ist nicht nur krisenfest, sondern auch nicht in die interne Hierarchie eingebunden und kann daher auch heikle Themen unbefangener ansprechen. Denn oftmals tun sich Führungskräfte schwer damit, das Ausmass einer kritischen Situation zu akzeptieren, weil damit möglicherweise das eigene Fehlverhalten verbunden ist.

 

Je besser die Vorbereitung, desto kleiner die Krise

Jedes Unternehmen tut gut daran, das Thema Kommunikation in ihr Risikomanagement einzubauen: Ein schlankes, aber durchdachtes Krisenmanual, das regelmässig aktualisiert wird, und der Aufbau entsprechender Strukturen und Abläufe sollten Standard sein, ebenso das Medientraining der Auskunft gebenden Personen. In der Regel sind das CEO und VRP sowie der oder die Mediensprecherin, falls vorhanden. Die Frage, welche Themen im Unternehmen aktuell oder in absehbarer Zeit kritisch sein und die Öffentlichkeit (= die Medien) interessieren könnten, gehört als regelmässiges Traktandum in jede GL- und VR-Sitzung. Wechselt die Ampel irgendwo von grün auf gelb, ist konkrete Vorbereitung angesagt: Statement, Communiqué und ganz wichtig einen ausführlichen Q&A-Katalog formulieren. Bei letzterem ist es wichtig, sich quasi den Hut von Journalisten aufzusetzen und sich zu überlegen, welche kritischen Fragen diese stellen könnten und welche Antworten das Unternehmen darauf geben würde. Zuständige sind in Bereitschaft zu versetzen, die Texte falls nötig auch rechtlich prüfen zu lassen.

 

Vorbereitung für die Rundablage

Im besten Fall bleibt das Thema von einer medialen Eskalation verschont und die ganze Vorbereitung war scheinbar überflüssig. Ein schwelendes Thema kann aber durchaus zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufs Tapet kommen oder in abgeschwächter Form thematisiert werden. Eine möglichst umfassende Vorbereitung gibt den Auskunftgebenden in jedem Fall Sicherheit im Auftreten. Das ist ein wichtiger psychologischer Faktor, der nicht ausser Acht gelassen werden sollte.

 

Kurze Krise – langer Reputationsaufbau

Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass eine veritable Kommunikationskrise in aller Regel mit einem langjährigen Reputationsaufbau verbunden ist. Denn was einmal im Netz ist, lässt sich nur schwer oder gar nicht mehr entfernen und poppt bei jeder Recherche – sei es von Journalistinnenen, Kunden, möglichen Mitarbeitenden – wieder auf. Umso mehr lohnt sich eine sorgfältige Krisenprävention oder eben – um das leidige Wort Krise zu vermeiden – die kommunikative Vorbereitung auf heikle Situationen.

 

(Der Beitrag ist erstmals erschienen im Newsletter von Brainboards am 2. Februar 2024. Quelle Illustration: Brainboards/DALL-E)